Warum reist der Mensch überhaupt?
Spannender Vortrag von Maria Kapeller beim Salzburger Bildungswerk Seekirchen
„Wir tragen nicht nur Koffer, sondern auch Verantwortung“. Dies ist zu lesen auf dem Reiseblog www.kofferpacken.at von Maria Kapeller. „Langsam reisen“, „Achtsam reisen“ „Das Glück vor der Tür“ – so einige Rubriken dieses Blogs für eine neue Reisekultur. Am 28. Mai war die Reisebloggerin und freie Autorin mit ihrem Buch „Lovely Planet“ zu Gast beim Salzburger Bildungswerk in der Öffentlichen Bibliothek Seekirchen.
Wer profitiert vom Reisen?
Der Titel des Buches ist eine Anspielung auf den Reiseführer „Lonely Planet“, einst die Bibel der anders Reisenden, der Rucksacktouristinnen. Doch der Tourismus sei immer mehr zur Selbstinszenierung mit ständigen Postings auf den Sozialen Medien verkommen, so Kapeller. Der Tourismus habe zwar eine große wirtschaftliche Bedeutung, doch häufig profitieren nur Hotelketten und Großinvestoren, nicht die Einheimischen von den Einnahmen. Und die ökologischen Probleme seien mittlerweile allseits bekannt – etwa die Treibhausgase des Fliegens oder das Zubetonieren von Landschaften. Der globale Tourismusboom führe zur Zerstörung von Umwelt & Klima (Emissionen etc.), zu Bodenverbrauch (Verlust Artenvielfalt etc.), hohem Wasserverbrauch (Pools, Küche etc.), zu Müllbergen, Landraub undAusbeutung. Probleme seien auch der Overtourism oder der Sextourismus.
Dabei sei Reisen noch immer ein Luxusgut, dass sich nur Menschen mit einem gewissen Wohlstandsniveau leisten können. Der Großteil der Menschen weltweit sei noch nie in ein Flugzeug gestiegen. Dazu ein paar Fakten aus dem Vortrag: Die 10 Prozent Reichsten der Weltbevölkerung verursachen 70 Prozent der Flugemissionen. Diese machen derzeit 5-8 Prozent der gesamten Treibhausgase aus, laut Prognosen könnten diese aber bis 2050 auf 25 Prozent ansteigen, so Kapeller. Nicht weniger problematisch seien Kreuzschifffahrten mit ihren Emissionen.
„Welche Sehnsüchte verbinden wir mit Reisen?“ – Diese Frage stellte Maria Kapeller dem Publikum anhand dieser Fotocollage
Warum reist der Mensch überhaupt?
Neben der ökologischen Ambivalenz des Reisens ging Kapeller auch der Frage nach den Motiven für das Reisen nach. Warum reist der Mensch überhaupt? Welche Haltung haben wir zu diesem Sehnsuchtsthema? Wann überfrachten wir das Reisen mit Erwartungen? Warum kann das Wegfahren-Müssen auch zum sozialen Zwang werden? Maria Kapeller erzählte in ihrem Inspirationsvortrag, warum sie als Vielgereiste heute seltener, langsamer, bewusster und ohne Flugzeug reist und sie verwies auf die psychologischen und sozialen Fallen des „Mithalten-Müssens“ im Resiefieber sowie die Fallen, wenn man nur den Zwängen des Alltags entfliehen möchte.
Wir reisen, weil wir andere Länder kennenlernen wollen, weil wir Erholung suchen, Abstand vom Alltag gewinnen wollen, Freunde oder ausgeanderte Familienangehörige besuchen – so einige bei den Besuchenden abgefragte Gründe für das Reisen. Reisen sei aber auch zum Konsumgut geworden: „Wir reisen, weil alle anderes es auch tun und wir reisen, damit wir Geschichten von uns zu erzählen haben“, so Kapeller. Aber statt der Frage „Ich habe Urlaub – wo soll es hingehen?“ soll es heißen „Ich habe Urlaub, was brauche ich nun?“. Es sei sinnvoll, andere Länder und Kulturen kennenzulernen, aber Erholung hänge nicht davon ab, wie weit man von zuhause wegfliege, sondern von der Möglichkeit, zu sich selbst zu kommen. Es gehe darum, Körper und Geist zu bewegen, dafür könne etwa Wandern in der Rgeion erholsamer sein als ein Fernflug.
Zehn Tipps für verantwortungsvolles Reisen
Am Ende ihres Vortrags gab Kapeller zehn Tipps für ein verantwortungsvolles Reisen: 1. Mit Bahn & Bus statt mit dem Flugzeug reisen, 2. Fliegen nur als Ausnahme statt als Regel, 3. Aktivurlaube machen wie Weitwandern, Weitradeln, Segeln etc., 4. Das Bedürfnis statt die Urlaubsdestination in den Mittelpunkt stellen; 5. Seltener, dafür länger verreisen; 6. Die Reise genießen und die Bereisten wertschätzen; 7. Umweltfreundliche, familiäre Unterkünfte großen Hotelketten vorziehen; 8. Im Urlaub einmal versuchen, bewusst vegetarisch oder vegan zu essen; 9. Sich im Alltag immer wieder „Mini-Auszeiten“ gönnen; schließlich 10. Sich auch politisch für eine Mobilitätswende und ökologisches Reisen einsetzen.
Autor: Hans Holzinger